Mit Volldampf in eine hohe Verschuldung
Auf den ersten Blick könnte man die Haushaltslage der Stadt Leichlingen als „entspannt“ betrachten. Zwar werden die NKF-Vorgaben, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, nicht eingehalten, so dass Rücklagen zur Deckung der Lücke in Anspruch genommen werden müssen. Das ist zwar genehmigungspflichtig durch die Aufsichtsbehörde, sollte aber nach unserer Ansicht keine Hürde darstellen.
Die Deckungslücke im kommenden Haushaltsjahr 2025 beträgt beträchtliche 4,1% der städtischen Rücklagen, das sind nur 0,9 Prozentpunkten entfernt von der magischen 5% Marke, die ein Haushaltssicherungskonzept vorschreibt, wenn sie in zwei aufeinanderfolgenden erreicht oder überschritten wird. Davon ist in der mittelfristigen Planung aber nicht auszugehen. So scheint es zumindest. Wir glauben, dass der Haushalt gerade in der mittelfristigen Planung erhebliche, nicht aufgeführte Risiken birgt:
- Steuereinnahmen zu optimistisch
Die Steuereinnahmen in der Planung sind nachunserer Ansicht sehr optimistisch angesetzt. In den vergangenen Haushaltsplanentwürfen ist man stets sehr pessimistisch vorgegangen, jetzt wechselt. Der Kämmerer ins andere Extrem. Es bedarf schon einigen Mutes, in einer stagnierenden bis rezessiven Wirtschaftssituation steigende Gewerbesteuereinnahmen zu erwarten und zu planen. Ebenso sind die Einkommensteuererwartungen für den mittelfristigen Planungsbereich 2026 bis 2028 unter Berücksichtigung der aktuellen Steuerschätzung vom Oktober 24 nach unserer Berechnung um insgesamt rund 3 Mio. EUR zu hoch angesetzt.
- Leichlinger Bäder- und Beteiligungsgesellschaft mbH
in der mittelfristigen Finanzplanung wird dauerhaft ein Zuschuss seitens der Stadt zur Finanzierung des Schwimmbadbetriebes notwendig sein. Der operative Verlust laut aktuellem Geschäftsbericht 2023 betrug 1,45 Mio. EUR bei Erträgen durch Kartenverkäufe in Höhe von nur 263.476 EUR. Die dazu korrespondierende Besucherzahl „Öffentlichkeit“ betrug 59.535 (der durchschnittliche Erlös pro Karte beträgt also 4,40 EUR). Mit den Besuchern von Schule (10.890) und Vereine (12.145) ergab das eine Gesamtbesucherzahl in 2023 von 82.570, vor COVID waren es im Jahr 2019 insgesamt 106.253.
Selbst bei einer Verdopplung der Besucher im Bereich Öffentlichkeit ließe sich ein Mehrerlös in Höhe von ca. 260 Tsd. EUR erzielen. Selbst wenn man die durch die Verdoppelung der Besucher entstehenden Mehrkosten außer Betracht ließe, ließe sich das operative Ergebnis allenfalls nur auf ca. -1,25 Mio. EUR reduzieren. Das wurde in früheren Jahren durch Beteiligungserträge ausgeglichen. Das ist bei weitem nicht mehr zu erwarten.
Laut Lagebericht sind die in früheren Jahren erzielte Beteiligungserträge durch Veränderungen auf dem Energiemarkt in Zukunft nicht mehr gewährleistet. Die Stadt Leichlingen wird also in der mittelfristigen Finanzplanung einen Zuschuss im mittleren bis hohen sechststelligen, wenn nicht gar siebenstelligen EURO-Bereich zur Deckung leisten müssen.
Ein zusätzliches Risiko stellt die Problematik des steuerlichen Querverbundes dar, der (noch) die Verrechnung der durch den Bäderbetrieb resultierenden Verluste mit den Beteiligungserträgen derzeit noch ermöglicht. Ein Entfall würde das Risiko um einen weiteren sechsstelligen EURO-Betrag erhöhen.
- Infrastrukturmaßnahmen in der mittelfristigen Planung – Neubau Sekundarschule und Rathaus Volumen ca. 75 – 80 Mio. EUR
Aktuell liegt dem Rat eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung über den Neubau der Sekundarschule vor, es wurden zwei Varianten untersucht und vorgestellt. Das Investitionsvolumen beträgt bei komplettem Neubau rund 56 Mio. EUR bzw. 60 Mio. EUR bei Neubau mit Sanierung. Die Neubauvariante als günstigste Maßnahme erfordert einen Finanzbedarf ohne Betriebskosten allein für Zins und Tilgungsleistungen in Höhe von rund 66 Mio. EUR, die über einen Zeitraum von 30 Jahre getilgt werden sollen. Das entspricht einem zusätzlicher Finanzbedarf von mehr als 2 Mio. EUR jährlich.
Der ebenso dringend notwendige Rathausneubau wird einen weiteren Finanzierungsbedarf zwischen 0,5 und 0,75 Mio. EUR p.a. notwendig machen. Diese beiden Maßnahmen erfordern zusätzlichen Finanzbedarf in Höhe von mindestens 2,5 Mio. EUR jährlich. Das sind nur zwei Beispiele der vielen Infrastrukturprojekte in Leichlingen, die der Erneuerung oder Sanierung bedürfen. Der Fremdkapitalbedarf der Stadt Leichlingen wird in der mittelfristigen Planung enorm sein und damit einhergehend auch die zu bedienenden Zins- und Tilgungsleistungen.
FAZIT: Mit Volldampf in eine hohe Verschuldung
Wer also in der heute abschließenden Haushaltsberatung noch glaubt, zusätzliche Aufgaben in den Haushalt einbringen zu können, sollte sich fragen, ob das unter den oben genannten Risiken verantwortbar ist. Denn in der mittelfristigen Planung wird ein zusätzlicher Finanzbedarf bis zu 4 Mio. EUR jährlich entstehen, der nicht durch Einnahmen gedeckt sein wird.
Nach Berücksichtigung der Veränderungsliste und die Mindereinnahmen der Ergebnisse der Steuerschätzung im Finanzplan, ergibt sich nach unseren Berechnungen für die Planjahre 2025 bis 2028 ein negativer Saldo aus laufender Verwaltungstätigkeit in Höhe von rund 1,1 bis 1,4 Mio. EUR jährlich. Mit den oben beschriebenen Risiken wird der jährliche Negativbetrag somit rund 5 Mio. EUR betragen, der nur durch die Aufnahme von kurzfristigen Krediten, sogenannte Kassenkredite finanziert werden kann.
Unter Berücksichtigung der Veränderungsliste und der nach unserer Ansicht zu hohen Einkommensteuereinnahmen, aber ohne die beschriebenen Risiken werden am Ende der mittelfristigen Finanzplanung die liquiden Mittel rund -7,8 Mio. EUR betragen, die durch Kassenkredite ausgeglichen werden müssen.
Die Stadt Leichlingen rast also mit Volldampf in eine hohe Verschuldung.
Was ist zu tun: Die Suche nach Konsolidierungs- und Einsparmaßnahmen ist dringender denn je erforderlich, um die Handlungsfähigkeit der der Stadt Leichlingen zu erhalten. Ob das ausreichend sein wird, um die Finanzlücken zu schließen, werden die Ergebnisse der Suche zeigen.
Es ist aber auch offensichtlich, dass es einer dringenden Veränderung der kommunalen Finanzierung durch Bund und Land bedarf. Ob man sich darauf aber mittelfristig verlassen kann, ist eher zweifelhaft.